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Erfolgreiche Auftragsdurchführung:Ein Leitfaden für Fotografen – Teil 1

01.10.2015

veröffentlicht in Profifoto – Magazin für professionelle Fotografie – 10/2015:

Professionelle Fotografen können unnötige Auseinandersetzungen mit ihrem Kunden vermeiden und auf eine dauerhafte erfolgreiche Zusammenarbeit hoffen, wenn sie selbst für eine organisierte und systematische Auftragsdurchführung sorgen. Denn in den vier Phasen der Auftragsdurchführung (Vertragsanbahnung, Vertragsabschluss, Vertragsdurchführung und nachvertraglicher Umgang) gilt es einige goldene Regeln zu beachten. Ihre Einhaltung verhilft dazu, den Durchblick zu bewahren und sich seiner Rechte und Pflichten bewusst zu sein. – Teil 1 dieses Aufsatzes behandelt den Kostenvoranschlag während der Vertragsanbahnungsphase und richtet sich an professionelle Fotografen, die Aufträge für Unternehmen und Agenturen durchführen.

Die erste Phase der Vertragsanbahnung beginnt in der Regel mit der Anfrage eines Kunden zu einem bestimmten Shooting, wozu der Fotograf eine erste Kostenkalkulation abgeben soll. Der Fotograf wird hierzu einen Kostenvoranschlag erstellen, in dem die voraussichtlichen Kosten der Produktion aufgeschlüsselt werden.

Unverbindlichkeit des Kostenvoranschlags

Der Kostenvoranschlag sollte stets unverbindlich abgegeben werden. Denn nur dann dürfen die veranschlagten Kosten überschritten und so auch abgerechnet werden. Allerdings muss der Fotograf eine wesentliche Überschreitung der  von ihm veranschlagten Kosten dem Kunden gegenüber anzeigen. Wesentlich ist die Überschreitung dann, wenn die kalkulierten Kosten um ca. 10-20 % oder sogar mehr überschritten werden.
In diesem Fall darf der Kunde den Auftrag zu kündigen, muss allerdings die bisher ausgeführten Arbeiten vergüten. Legt der Fotograf hingegen einen verbindlichen Kostenvoranschlag vor, garantiert er die angesetzten Kosten. An diese ist er dann gebunden und darf Überschreitungen nicht abrechnen.
Inhaltlich sollte der Kostenvoranschlag möglichst detailliert gestaltet und die Vorgaben des Kunden präzise aufgelistet werden. Der Kostenvoranschlag sollte daher folgende Punkte enthalten:

Motivbeschreibung

Die angedachten Motive sollten möglichst genau zu beschrieben werden. Denn nicht selten wird der Fotograf während des Shootings gebeten, noch weitere ganz andere Motive zu schießen.  Von diesen weiteren Motiven wird  dann später ganz selbstverständlich unterstellt, dass diese Bestandteil des Auftrags und des Kostenvoranschlags gewesen und daher nicht zusätzlich zu vergüten seien. Ist hingen das Motiv von vorn herein definiert und sollen dann noch weitere, andere Motive angefertigt werden, hält sich der Fotograf die Möglichkeit offen, diesen Mehraufwand entsprechend honoriert zu bekommen.
Alternativ kann es bei Fotoproduktionen z.B.  für Buchprojekte, sinnvoll sein, eine Mindest- und Höchstanzahl von anzufertigenden Fotos festzulegen. Damit werden spätere Diskussionen darüber, ob genügend Fotomaterial geliefert wurde, ausgeschlossen.

Nutzungsumfang

Die vom Kunden beabsichtigte Nutzung sollte genau umschrieben und die Nutzung der Fotos räumlich, zeitlich und inhaltlich präzise festgelegt werden. Für beide Vertragsparteien ist dann genau ersichtlich, wo und in welchen Ländern / Regionen, wie lange und für welche Medien der Kunde die Fotos nutzen darf. Interpretationsmöglichkeiten und Meinungsverschiedenheit über den Umfang der eingeräumten Nutzungsrechte sind damit ausgeschlossen. Der Kunde darf die Fotos nicht über den vereinbarten Nutzungsumfang hinaus nutzen. Beabsichtigt der Kunde später weitere, umfangreichere Nutzungen, muss er sich diese durch entsprechende Nachlizensierungen vom Fotografen genehmigen lassen.

Preisgestaltung

Honorare des Fotografen, Lizenzgebühren für die eingeräumten Nutzungsrechte und sonstige Nebenkosten sollten jeweils separat ausgewiesen werden. Als Fotografenhonorar wird meist der individuelle Tagessatz multipliziert mit der Anzahl der veranschlagten Arbeitstage sein. Bei umfangreicher serieller Produktion, z.B. der Anfertigung von Produktfotos, ist auch eine Vergütung pro Bild denkbar.
Die separate Berechnung der Lizenzgebühren ist sinnvoll, weil sie dem Kunden verdeutlicht, dass die Nutzung der Fotos einen eigenständigen Wert hat und weitergehende, intensivere Nutzungen höhere Lizenzgebühren nach sich ziehen. Hierauf aufbauend lassen sich dann auch spätere Nachlizensierungskosten rechtfertigen und kalkulieren.
Zu den Nebenkosten zählen alle anderen Produktionskosten, wie z.B. Reisekosten, Assistenten, Modelle, Stylisten, Visagisten, Mietstudio, Postproduction, Mietwagen, Catering, etc. Diese sollten möglichst genau recherchiert und präzise angegebenen werden. Denn das schützt den Kunden vor „bösen Überraschungen“ und den Fotografen vor einer Anzeige gegenüber dem Kunden, dass der Kostenvoranschlag nun doch wesentlich überschritten wird. Nebenkosten, die sich nicht sicher voraussagen lassen, sollten mit einer „circa“-Angabe versehen werden.
Auf die Summe dieser netto-Beträge ist schließlich noch die jeweilige gesetzliche Mehrwertsteuer zu berechnen oder zumindest ankündigen.

Künstlersozialabgabe

Beauftragt der Fotograf seinerseits selbständige Künstler, wie z.B. Visagisten, ist er verpflichtet auf das an diese gezahlte Entgelt Künstlersozialabgabe nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) zu zahlen. Diese Zusatzausgaben kann der Fotograf an seinen Kunden grundsätzlich weitergeben, sollte dies aber zumindest im Kostenvoranschlag ankündigen. Alternativ kann er die voraussichtliche Höhe der Künstlersozialabgabe selbst ausrechnen und in seinem Kostenvoranschlag als festen Betrag ausweisen.

Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB)

Verwendet der Fotograf eigene allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) und sollen diese später Teil des Vertrages werden, muss er auf diese bereits im Kostenvoranschlag hinweisen und dafür sorgen, dass der Kunden von diesen Kenntnis nehmen kann. Denn nur dann kann der Kunde diese AGB akzeptieren. Andernfalls werden die AGB nicht wirksamer Vertragsbestandteil und gelten als nicht vereinbart.
Die Möglichkeit zur Kenntnisnahme der AGB kann in der Weise geschehen, dass die AGB dem Kostenvoranschlag selbst durch umseitigen Abdruck oder auf einem separaten Blatt als Anlage beigefügt werden. Im Kostenvoranschlag muss dann ausdrücklich auf die Geltung der „umseitig abgedruckten“ bzw. „als Anlage beigefügten“ AGB des Fotografen hingewiesen werden. Alternativ kann der Fotograf seine AGB auf seiner Internetseite in gut lesbarer, ausdruckbarer und/oder speicherbarer Form veröffentlichen und im Kostenvoranschlag darauf verweisen, dass seine AGB auf seiner Internetseite (die mit einem entsprechenden Link anzugeben ist), abrufbar sind.
Inhaltlich versteht man unter dem Begriff „AGB“ Vertragsbedingungen, die für eine Vielzahl von Verträgen standartmäßig vorformuliert wurden und die der Verwender – also hier der Fotograf – seinem Vertragspartner – also seinen Kunden – stellt. In den AGB kann der Fotograf alle für ihn während der Vertragsabwicklung wichtigen Punkte und Situationen, die üblicherweise immer wiederkehren, einmalig rechtlich regeln. Dies hat für ihn den Vorteil, dass er nicht jede einzelne Regelung für jeden neuen Vertrag nochmals aushandeln und vereinbaren muss. Hier können Regelungen z.B. über Ablauf und Organisation von Produktionsaufträgen, Fälligkeit von Produktionshonoraren, Übertragung von Nutzungsrechten und Bearbeitungsrechten, Urheberbenennung u.v.m. getroffen werden.

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